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Grußwort von Dr. Amélé Adamavi-Aho Ekué

Professorin am Ökumenischen Institut Bossey für ökumenische Ethik,
Herausgeberin und Mitautorin des Buches „Heimat(en)? Beiträge zu einer Theologie der Migration“

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Ein Stück Geborgenheit. Entgegen allen Erfahrungen des Verlustes, des Schmerzes und der Angst tragen Menschen auf der Flucht etwas in und mit sich, welches eine Brücke bildet zwischen Vergangenheit und Zukunft, zwischen Verzweiflung und Hoffnung. Etwas, das Vertrautes aus der alten Heimat in das neue Land herüberrettet, und umgekehrt.


Die Ausstellung „Sehnsucht Heimat. Flucht - Vertreibung - Neuanfang“, die mit viel Sensibilität vorbereitet wurde, ist eine Geschichts- und Geschichtensammlung zugleich. Die Erzählungen von Menschen, die aus verschiedenen Ländern und unterschiedlichen Motiven nach Nürnberg und Umgebung geflohen sind, lesen sich wie lebensgeschichtliche Miniaturen. In ihnen werden der Verlust und die Suche nach Heimat lebendig als prägende biografische Erfahrungen für Frauen und Männer verschiedener Generationen. Fotografien von Gegenständen, die diese Menschen auf der Flucht mitgenommen haben, illustrieren die Geschichten und geben ihnen eine symbolische Tiefe: Menschen können sich geografisch verändern, in ein anderes Land  ziehen, etwas mitnehmen, das die Heimat repräsentiert. Sie ziehen aber auch gedanklich um: Was bleibt, wenn das sorgsam Gehütete verloren geht? Oder wenn der Gegenstand an jemanden weitergegeben wird? Plötzlich werden die Geschichten durchlässig. Die aus dem heutigen Polen geflohene Achtzigjährige hat dem neunzehnjährigen Afghanen etwas zu sagen. Ihre Geschichten sind verschieden, ihre Art, ihnen deutend Sinn zu verleihen, aber ihre Sehnsucht nach Heimat verbindet sie.


In Zeiten großer gesellschaftspolitischer Kontroverse um die Aufnahme von Flüchtlingen ist eine Ausstellung wie „Sehnsucht Heimat“ ein wichtiger Beitrag, um Brücken zwischen Menschen zu schlagen – denen, die fliehen mussten, und denen, die sich vor Ort der Frage nach neuen Anfängen stellen wollen. Flucht und Migration kommt nicht als moralisches oder pädagogisches Thema zur Sprache, bei dem es um die vermeintlich richtige Position geht. Vielmehr verweisen die Selbstzeugnisse und Fotografien auf die Ebene gemeinsamer Menschlichkeit. Damit eröffnet die Ausstellung eine Chance, verborgene Verbindungen von Flucht und Vertreibung zu entdecken und Menschen neu miteinander ins Gespräch zu bringen.

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